Aachen (ots) - Israel begeht den 70. Jahrestag der Staatsgründung. Doch nach guter Laune klang das nicht, was Premierminister Benjamin Netanjahu in seiner Geburtstagsansprache zu sagen hatte. Dabei hätte man sich gewünscht, dass sich sein Blick einmal vornehmlich auf das Positive richtet, das dieses Land ausmacht. Doch angesichts der Situation im Gazastreifen und im Westjordanland und dem Dauerkonflikt mit den Palästinensern wäre das wahrscheinlich zu kurz gegriffen und einem Falken wie Netanjahu gar nicht möglich. Stattdessen die geläufigen Reflexe: Man werde sich im Kampf gegen die, die Israel vernichten wollen, nicht abschrecken lassen. Israel sei entschlossener und stärker denn je. Kriegsrhetorik statt Happy-Birthday-Gefühl. Eine unbeschwerte Geburtstagfeier bleibt für Israel vorerst eine Utopie. Ein besonderer Dank Netanjahus galt dem engsten Verbündeten - den USA, namentlich dessen Präsidenten Donald Trump. Der wird sich über so viel öffentliche Zuwendung gefreut haben, allzu häufig erfährt er sie schließlich nicht. Bei aller Kritik an der Politik und Amtsführung des US-Präsidenten und an der Tatsache, dass die USA unter ihm ein weniger berechenbarer Verbündeter geworden sind: Trump steht zu Israel. Alles andere wäre fatal. Ähnlich anerkennende Worte wie für die USA hätte man sich aus Israel für Deutschland gewünscht. Doch die blieben aus. Vielmehr mehren sich die sorgenvollen Stimmen, die infrage stellen, ob sich Deutschland seiner besonderen historischen Verantwortung gegenüber dem jüdischen Staat überhaupt noch bewusst ist. Natürlich ist sich Deutschland dieser Verantwortung bewusst, daran hat sich nichts grundlegend geändert. Und doch wäre es falsch, die Anzeichen für wachsenden Antisemitismus in diesem Land - gerade auch unter jungen Menschen - unter den Teppich zu kehren. Wo immer Antisemitismus in unserer Gesellschaft offen zu Tage tritt, braucht es meinungsstarke und mutige Menschen, die sich bedingungslos dagegen stellen. Und hier sind nicht nur Prominente wie die Musiker Campino oder Marius Müller-Westernhagen, die gegen die frauenfeindlichen, homophoben und antisemitische Reime zweier rappenden Rüpel aufbegehrt haben, in der Pflicht, sondern wir alle! Deutschland muss wachsam sein. Das auf Video festgehaltene Experiment eines 21-Jährigen, der mit Kippa durch den Prenzlauer Berg läuft und attackiert wird, ist ein Weckruf, der nicht einfach verhallen darf. Doch Antisemitismus ist nicht nur unter jugendlichen Schlägern auf den Straßen Berlins verbreitet, sondern droht in allen gesellschaftlichen Schichten salonfähig zu werden. "Vor Antisemitismus aber ist man nur noch auf dem Monde sicher", schrieb die jüdische deutsch-amerikanische Publizistin Hannah Arendt am 26. Dezember 1941 in einem in New York veröffentlichten Artikel. Hoffentlich trifft dieser Satz nie mehr auf Deutschland zu. Von Herzen alles Gute zum Geburtstag, Israel! Und für die Zukunft nur das Beste.
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