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Wirtschaftsforscher gehen auf Distanz zu Kühnert, Linker SPD-Flügel verteidigt ihn

Deutsche Wirtschaftsforscher gehen auf Distanz zu Kühnert, Linker SPD-Flügel verteidigt ihn

 

Führende Wirtschaftswissenschaftler haben mit Empörung auf den Vorstoß des Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert zu einer Verstaatlichung von Konzernen und dem Verbot privater Wohnraumvermietung reagiert.

Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, sagte auf FAZ-Anfrage: „Herr Kühnert versucht, sich durch radikale Thesen ins Gespräch zu bringen, hat sich damit aber eindeutig gegen das Wirtschaftsmodell der Sozialen Marktwirtschaft gestellt. Er schadet damit der SPD und sollte zu einer linksextremen Partei wie der Linken oder der DKP wechseln, dort würden seine Forderungen passen.“

Ähnlich hart urteilte der Chef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr: Kühnert habe „offenbar vor, die Mangelwirtschaft der DDR und die Allmacht der sozialistischen  Machthaber wiederzubeleben. Seine Aussagen, auch wenn sie nur einer kleinen Minderheit gefallen, stellen Grundannahmen der Wirtschaftsordnung in Frage und schwächen so den deutschen Standort.“ Der Freiburger Ökonom Lars Feld, Mitglied im Rat der „Wirtschaftsweisen“, nannte Kühnerts „sozialistische Visionen groben Unfug“.

Auch der Chef des Gewerkschaftsinstituts IMK, Sebastian Dullien, distanzierte sich von Kühnerts Vorstoß, wenn auch in milderem Ton: „Ich halte von Forderungen nach breiter Verstaatlichung in Deutschland nichts. Der Erfolg der deutschen Wirtschaft seit dem 2. Weltkrieg basiert auf einer gemischten Wirtschaftsform, wozu auch Privateigentum an Großunternehmen und an Mietshäusern gehört“, sagte Dullien auf Anfrage der FAZ. Allerdings sollte der Staat bei Marktversagen tätig werden. Dazu gehöre, dass er bei Wohnungsmangel massiv den sozialen Wohnungsbau ausweite.

Der gewerkschaftsnahe Ökonom Gustav Horn, der Vorsitzender der Keynes-Gesellschaft ist, äußerte in einem Ökonomen-Mailforum ebenfalls, er teile Kühnerts Äußerungen nicht. „Ich verteidige aber sein Recht, sie zu machen, ohne als Verfassungsfeind dargestellt zu werden“, fügte er in Richtung von Kritikern hinzu. Dem schlossen sich auch andere Ökonomen an. „Unsinn darf man in der Demokratie jederzeit behaupten“, schrieb der Jenaer Wirtschaftsprofessor Andreas Freytag.

Linker SPD-Flügel verteidigt Kühnert

Der Chef der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, hat den Debattenvorstoß von Juso-Chef Kevin Kühnert zur Kollektivierung von Unternehmen verteidigt. "Wir müssen in Deutschland politische Debatten und Diskurse führen und aushalten", sagte Miersch der "Rheinischen Post" (Freitagsausgabe).

Es müsse doch Markenzeichen von Nachwuchsorganisationen sein, frei zu diskutieren. "Dass wir dem Markt stärkere Regeln geben müssen, liegt auf der Hand. Das sehen wir beim Thema Wohnungsnot genauso wie in der Arbeitswelt, zum Beispiel bei den Paketzustellern", sagte Miersch.

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