Mainz (ots) - Der Prozess um den Bombenanschlag auf den Dortmunder Mannschaftsbus ist beispiellos in der deutschen Kriminalgeschichte. Dass ein Täter offenbar den Plan fasst, mit einem Anschlag den Börsenwert eines Fußballvereins abstürzen zu lassen, um sich daran zu bereichern - hätte ein Drehbuchschreiber diese Geschichte erfunden, er wäre als unglaubwürdig abgetan worden. So aber müssen die Richter in die Gedankenwelt eines mutmaßlich gewitzten, aber gemeingefährlichen Angeklagten eintauchen, dem vorgeworfen wird, den Tod von 28 Menschen in Kauf zu nehmen für die vergleichsweise lächerliche "Gewinnerwartung" von einer halben Million Euro. Über die strafrechtliche Bedeutung hinaus hat der Fall noch eine weitere Dimension: Die Frage nämlich, wie weit wir den Zirkus Profifußball treiben wollen, und was wir dabei den Artisten in der Manege abverlangen. Nur einen Tag nach dem Anschlag mussten die Dortmunder Spieler wieder ran, um das Champions-League-Spiel nachzuholen. Obwohl sie ganz sicher nicht den Kopf dafür frei hatten. Verständlich wird diese Entscheidung nur, wenn man die Begleitumstände betrachtet: Zunächst glaubte man an einen islamistischen Anschlag; es ging darum, mit der schnellen Neuansetzung auch als Gesellschaft ein Zeichen zu setzen. Doch mit mehr Abstand, und mit mehr Kenntnis darüber, wie knapp die Mannschaft dem Tod entgangen ist, muss man zu dem Schluss kommen: Die Entscheidung war falsch. Die Spieler hätten mehr Zeit gebraucht, das Erlebte zu verarbeiten, und auch dem Zirkus Profifußball hätte es gut getan, einmal innezuhalten. So aber kam wenigstens die Uefa auf ihre Kosten - welche psychischen Spätfolgen die Spieler davontragen, spielt in dieser Rechnung nur eine untergeordnete Rolle.
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